Für unsere gemeinsame Wir-Erzählung, aber vor allem auch für die Zukunft der Schweiz als Werk- und Forschungsplatz, ist kein Thema wichtiger als unsere Beziehung zum Europäischen Projekt, die seit langer Zeit in einer Sackgasse steckt. Es ist das grösste strukturelle Problem der Schweiz. Aber noch wichtiger: Kein Projekt ist für die Zukunft der liberalen Demokratie, deren zentrales Ziel die Sicherung und die Förderung individueller Rechte ist, entscheidender als das Europäische Projekt. Wenn dieses scheitert oder nur schon stagniert, während überall auf der Welt autoritäre Projekte an Fahrt aufnehmen und an Macht gewinnen, stehen die grundlegendsten liberalen Errungenschaften auf dem Spiel. Umgekehrt kann von keinem Projekt so viel darüber gelernt werden, wie in einer globalisierten Welt, in der nationalstaatliche Rahmen für die Organisation einer Gemeinschaft an ihre Grenzen stossen, eine Gemeinschaft weiterhin demokratisch und dezentral organisiert werden kann.
Trotz dieser überragenden Bedeutung der Europapolitik für die Welt, für Europa und für die Schweiz, gibt es in der Schweiz kein Politikfeld, in dem sich der Rahmen, in dem die Diskussion stattfindet, durch die Dominanz von Populismus in den vergangenen 30 Jahren so stark verschoben hat, in dem so viele fragwürdige, klischierte, verflachte Prämissen unhinterfragt bleiben. So komplex und grundlegend die Debatte über die Schweiz in Europa sein müsste, so steril und voraussagbar ist sie. Das erkennt man schon an der Obsession mit der Beitrittsfrage, auf welche die Europapolitik in der Schweiz verengt bleibt. Die Operation Libero ist an dieser Frage nicht besonders interessiert. Was uns interessiert, ist, was unsere Beziehung zu Europa leisten können muss; wie gut sie in der Lage ist, den gemeinsamen Rechtsbestand den Anforderungen der Zeit anzupassen, wie gut sie in der Lage ist, Konflikte beizulegen und wie gut sie uns erlaubt, über jene Dinge mitzubestimmen, die uns mitbetreffen.