Wegen der Asylgesetzrevision tauchen nicht mehr unter
Da die ersten Argumente gegen die Asylgesetzrevision nicht verfangen haben, wurde schnell ein anderes gesucht: Untertauchende Asylbewerber. Nur zeigt ein genauer Blick auf die Zahlen: Es gibt vielmehr Anzeichen dafür, dass mit der Revision mehr abgewiesene Asylbewerber das Land verlassen.
Einige “Argumente” wurden herbeigeführt gegen die Asylgesetzrevision, keines davon hatte Hand und Fuss. Auf der verzweifelten Suche nach einer Legitimation für ihre Blockadepolitik, glauben die Problembewirtschafter nun, nach mehreren Verrenkungen fündig geworden zu sein: Die schnelleren Verfahren seien schlecht, da viel mehr Leute untertauchen. Nur beruht diese Aussage auf falschen Zahlen und Annahmen.
Untertauchen wird schwieriger
Zum einen vermittelt das Wort „untertauchen“ fälschlicherweise den Eindruck, dass diese Menschen alle illegal im Land bleiben. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um eine sogenannte “unkontrollierte Ausreise”: Das heisst Menschen, die im laufenden Verfahren oder nach ihrem Entscheid ihre Unterkunft verlassen und nicht mehr auffindbar sind. Die verkürzten Verfahren der Aslygesetzrevision erschweren die Bedingungen, um unterzutauchen: Im jetzigen Verfahren haben diejenigen, die keine Chance auf Asyl haben, oft Jahre Zeit, bis sie den negativen Entscheid erhalten. In dieser Zeit können sie sich in der Schweiz orientieren, ein soziales Netzwerk aufbauen, etwas Arbeit finden und so ihren Sprung in die Illegalität vorbereiten. Bei einer Beschleunigung der Verfahren bis maximal 140 Tagen ist diese Vorbereitungszeit viel kürzer und das Untertauchen entsprechend schwieriger. Schnelle Verfahren wirken somit abschreckend auf Menschen ohne asylrelevante Gründe. Die sinkenden Asylgesuchszahlen seit der Einführung der 48h-Verfahren für Balkanstaaten, sowie Fast-Track-Verfahren für Nigeria und andere afrikanische Länder zeigen dies deutlich.
Ein Vergleich von Äpfeln und Birnen
Zum anderen werden bei der Behauptung, mehr Menschen seien aus dem Testbetrieb untergetaucht, Äpfel mit Birnen verglichen: Gemäss Zahlen aus dem Abschlussbericht des Testzentrums sind zwar tatsächlich 32% der Asylsuchenden untergetaucht, im Vergleich zu nur 9.8% im jetzigen Regelbetrieb. Doch dabei werden über drei Viertel aller Fälle im Regelbetrieb einfach ausgeklammert: Im bisherigen System erhalten nur knapp ein Viertel der Menschen einen Entscheid im Empfangszentrum, der Rest wird schon nach wenigen Wochen an Kanton und Gemeinde verteilt und wartet dort oft Jahre. Mit dem neu getesteten Verfahren wird dies anders: Im Empfangzentrum wird bereits über einen Grossteil der Gesuche innert 140 Tagen entschieden. Wenn man nun nur Zahlen aus dem Testzentrum und die Zahlen aus dem Empfangszentrum im bisherigen System vergleicht, werden die Menschen, die in den Kantonen und Gemeinden unkontrolliert abreisen nicht berücksichtigt – und somit über drei Viertel! Konkret heisst das: Im neuen Verfahren tauchen die Menschen einfach schon während dem Verfahren im Testzentrum unter, statt wie heute in den langwierigen Verfahren in Kantonen und Gemeinden.
Ob die Revision zu mehr unkontrollierten Ausreisen führen wird oder nicht, ist aus den Zahlen nicht ersichtlich. Es tauchen nicht mehr Menschen unter, vielleicht aber schneller. Doch der Anteil der Untergetauchten, die auch tatsächlich aus der Schweiz ausreisen, dürfte mit der Asylgesetzrevision höher sein als bisher, weil sie weniger Zeit hatten, sich in der Irregularität einzurichten.