
Die SVP-«Grenzschutz-Initiative» muss vom Parlament für ungültig erklärt werden
Medienmitteilung
Heute reicht die SVP ihre «Grenzschutz-Initiative» ein. Und überschreitet damit selbst eine Grenze: Sie verletzt zwingendes Völkerrecht. Operation Libero fordert die Bundesversammlung per Petition auf, die Initiative gemäss Art. 139 der Bundesverfassung für ganz oder teilweise ungültig zu erklären. Das ist Verfassungsauftrag, Völkerrechts- und Demokratiepflege.
«Die SVP-«Grenzschutz-Initiative» bricht zwingendes Völkerrecht. Das Parlament muss seine Verantwortung wahrnehmen und die Initiative zumindest teilweise für ungültig erklären», sagt Stefan Manser-Egli, Co-Präsident von Operation Libero. Die Absätze 4 bis 6 der Initiative führen in der Gesamtbetrachtung dazu, dass die Schweiz Personen zurückführen müsste, denen Folter oder eine andere Art unmenschlicher und grausamer Behandlung droht.
Die Initiative schafft den Aufenthaltsstatus der «vorläufigen Aufnahme» ersatzlos ab und limitiert die Anzahl Asylgewährungen auf 5000 Menschen pro Jahr. Gleichzeitig fordert sie, dass alle Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel ausgeschafft werden. Ausnahmen gibt es keine. Dadurch entsteht eine Gruppe von Personen, die von Folter und grausamer Behandlung bedroht ist, und trotzdem ausgeschafft werden müsste.
Ungültigkeitserklärung ist Verfassungspflicht
Darin liegt ein Verstoss gegen das menschenrechtliche Non-Refoulement-Verbot. Die Initiative verstösst gegen die allergrundlegendsten Regeln der internationalen Gemeinschaft – das zwingende Völkerrecht. Dieses muss unter allen Umständen eingehalten werden. Selbst dann noch, wenn die Schweiz den allerletzten völkerrechtlichen Vertrag gekündigt hätte.
Die Bundesversammlung ist gemäss Artikel 139 Abs. 3 der Bundesverfassung verpflichtet, die Initiative für ganz oder teilweise ungültig zu erklären. Nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung dieser verfassungsmässigen Pflicht fordert Operation Libero von der Bundesversammlung. Eine entsprechende Petition wurde bereits von über 4000 Personen unterzeichnet.
SVP verhöhnt die Demokratie
Die SVP verletzt mit ihrer Initiative ganz bewusst das zwingende Völkerrecht. Egal, ob und wie nun die Bundesversammlung ihre rechtsstaatliche Verantwortung wahrnimmt, ob sie sie Initiative für ganz oder teilweise ungültig erklärt, oder, im Falle einer Annahme, harmonisierend umsetzen muss, die SVP wird so oder so «Verfassungsbruch» schreien. Und damit die hohen Rechtsgüter der Rechtsstaatlichkeit und der direkten Demokratie verhöhnen.
Direkte Demokratie bedeutet direkte Verantwortung. Die Bundesversammlung muss einschreiten, wenn Initiativen verantwortungslos sind und zwingendes Völkerrecht brechen. Dieses Einschreiten ist nicht nur Verfassungsauftrag und Völkerrechtspflege, sondern auch Demokratiepflege. «Auf Dauer wird die direkte Demokratie untergraben, wenn Initiativen ganz gezielt gegen zwingendes Völkerrecht verstossen», so Manser-Egli.
Erklärung der Absätze 4-6
Absatz 4 des Initiativtextes in Verbindung mit Absatz 1 der Übergangsbestimmung sieht die ersatzlose Abschaffung des Aufenthaltsstatus der «vorläufigen Aufnahme» (F-Status) als subsidiären Schutzstatus vor.
Absatz 5 definiert ein Asylkontingent von höchstens 5’000 Personen pro Jahr. Darüber hinaus ist kein Flüchtlingsstatus mehr möglich, was konkret heisst: Die 5’001. Person erhält kein Asyl, keinen subsidiären Schutz und auch keine Ersatzmassnahme. Sie gilt automatisch als «sich illegal in der Schweiz aufhaltende Person».
Absatz 6 hält fest, dass illegal eingereiste oder sich illegal in der Schweiz aufhaltende Personen die Schweiz verlassen müssen. Der Bund muss diese Personen wegweisen oder ausschaffen. Und zwar auch Personen, die unter das menschenrechtliche Non-Refoulement-Verbot fallen. Die Initiative sieht keinerlei Vorbehalte vor.